Wie man einen Toaster überlistet

Was macht man, wenn der eigene Toaster sich für schlauer hält als man selbst? Na klar, man wird zu einer Hackerin! Eine Novelle in der nahen Zukunft, die zum Nachdenken anregt.

Cory Doctorow - Wie man einen Toaster überlistet

Titel: Wie man einen Toaster überlistet

Autor: Cory Doctorow

Genre: Science-Fiction

Verlag: Heyne

Seiten: 176

Erscheinungsjahr: 2019

Das „Internet of Things“ erhält nach und nach Einzug in immer mehr Haushalte. Ein Kühlschrank, der selbstständig Lebensmittel bestellt ist heute genauso wenig Science-Fiction wie eine intelligente Heizung. In der Novelle „Wie man einen Toaster überlistet“ denkt Cory Doctorow diesen Gedanken unter Berücksichtigung der Firmen, die damit ihr Geld verdienen, weiter. Aber das ist nur die ein Teil der Geschichte, der in der nahen Zukunft angesiedelt ist.

Ein Toaster, ein Kühlschrank und Aufzüge

Jahrelang hat Salima in Flüchtlingsunterkünften gelebt. Als sie endlich ein Appartement in einem Hochhauskomplex beziehen kann, eröffnen sich aber andere Probleme: Der intelligente Toaster gibt den Geist auf und verweigert jedes Brot, das nicht in einer Bäckerei des Herstellers gekauft wurde. Und auch der Kühlschrank hat so seine Macken. Es dauert nicht lange, bis Salima herausfindet, dass auch der Aufzug im Haus seine Tücken hat: Er bevorzugt die reichen Bewohner gegenüber den Menschen aus den Sozialwohnungen. Sie beschließt, die Geräte zu hacken und wieder frei zugänglich zu machen.

Die Handlung der Novelle an sich ist recht schlicht und schnell erzählt. Sie kommt mit wenigen Figuren aus und nutzt dafür umso klarer die Perspektive der Geflüchteten auf die konsumorientierte Gesellschaft. Der krasse Gegensatz zu den Erfahrungen, die Salima und ihre Freunde gemacht haben, verschärft den Kontrast zwischen den zwei Welten der Hochhaussiedlung, ohne völlig schwarz-weiß zu malen.

Beängstigend nahe Zukunft

Es ist spannend zu lesen, ob Salima und die anderen Bewohner der Sozialwohnungen die Technik in ihren Appartements überlisten können. Auf der anderen Seite regt die Geschichte aber vor allem zum Nachdenken an. Soziale Gerechtigkeit, die Macht von Großkonzernen und die Frage, wie sehr man für seine Ideale anstehen muss, werden angeschnitten. Ich hatte zunächst erwartet, dass es sich auch im technischen Sinne um eine dystopische Welt handelt. Aufgrund des Klappentextes könnte man schließlich auch mit übermächtigen Maschinen rechnen, die alles und jeden überwachen und kontrollieren. Tatsächlich ist die Technik eher ein Mittel zum Zweck, um kapitalistische Interessen zu wahren. Das hat gleich zwei Effekte: Zum einen lässt sie sich – trotz Widrigkeiten – durch Salima und ihre hackenden Freunde überwinden. Und zum anderen lässt es die Erzählung erschreckend real wirken. An vielen Stellen könnte sie genauso gut in der Gegenwart spielen – große Sprünge, zumindest was die Technologie betrifft, wären bis dahin nicht erforderlich.

Gesellschaftskritik durch Brotbacken

„Wie man einen Toaster überlistet“ ist schnell gelesen. Nicht nur, weil es sich um eine Novelle handelt, sondern auch durch den schnörkellosen Schreibstil von Doctorow. Und es kommt übrigens in meine Sammlung von „Warum habt ihr den Titel so übersetzt?“. Das englische Original heißt „Unauthorized Bread“, was ich viel prägnanter und ausdrucksstärker finde als den sperrigen deutschen Titel. Die gesellschaftskritische und gleichzeitg unterhaltsame Geschichte lohnt sich auf jeden Fall. Und danach hat man auch viel mehr Lust, mal selber ein Brot zu backen.