Irgendwann im Januar diesen Jahres habe ich irgendwo vom Literaturcamp gelesen. Krissi und ich sind ja recht neu in der (öffentlichen) Bücherwelt, deshalb kannte ich solche Veranstaltungen nicht. Klang aber spannend, nur leider waren alle Tickets bereits ausverkauft. Mega schade, denn Heidelberg ist für uns beide gut zu erreichen, der Anreiseaufwand somit niedrig, Kosten gering – eigentlich alles genau passend. Die Ticketseite des Literaturcamps Heidelberg habe ich aber trotzdem voller Hoffnung im Auge behalten, und tatsächlich gerade Glück gehabt, als neue Karten freigeschaltet wurden – ohne, dass ich davon über Twitter oder Facebook gehört hätte. Ich habe das dann als Fügung gesehen, Krissi angerufen und sie überredet (ging erstaunlich schnell) und die Tickets gekauft. Die Freude war groß! Wie Krissi das Ganze wirklich gesehen hat, könnt ihr in ihrem eigenen Bericht hier nachlesen.
Barcamp – was ist das?
Zunächst einmal vielleicht zur Erklärung, was ein Barcamp ist. Anders als bei einer kommerziellen Veranstaltung gibt es hier keine festen Themen. Jeder Teilnehmer kann und soll eine sogenannte Session anbieten mit einem Thema, in dem er sich gut auskennt, oder über das er gerne mehr erfahren möchte. Die Ticketgebühr ist gering, so dass es sich jeder auch leisten kann. Finanziert wird das Ganze durch Spenden und viele, viele ehrenamtliche Helfer. So ist jeder Teilnehmer auch gleichzeitig Mitwirkender und nicht nur Konsument.
Litcamp, wir kommen – oder doch nicht?
Ein paar Tage vorher kamen dann aber doch Zweifel auf. Schließlich sind wir beide nicht besonders extrovertiert und kannten niemanden der Teilnehmer persönlich, hatten lediglich von einigen Leuten im Internet etwas gelesen. Ich selbst schreibe ja erst seit einiger Zeit an meinem Roman, habe noch nichts veröffentlicht und wusste auch nicht wirklich, ob ich aus dem Schatten meines Autorenlebens im stillen Kämmerlein denn wirklich heraustreten wollte. Ich habe mir zur Einstimmung mehrmals den kurzen Trailer vom letzten Jahr auf Youtube angesehen und an meine Studienzeit gedacht, zu der ich solche Veranstaltungen mit Begeisterung besucht habe, die aber nun doch fast dreißig Jahre zurückliegt. Als ich am Freitag vor dem Camp eine Horror-Bahnfahrt als Anreise zu Krissi hatte, wäre ich am liebsten aber doch wieder umgekehrt – was tue ich mir denn da an? Wir waren schon sehr hin- und hergerissen zwischen Freude und Skepsis, haben uns dann gegenseitig Mut zugesprochen und sind Samstag früh aufgebrochen, wird schon schiefgehen…
Wegen der nicht so optimalen Zugverbindung haben wir dann das Frühstück leider verpasst und sind erst zur Begrüßung dagewesen. Okay, wir hätten uns dafür nicht so beeilen müssen, denn das Kabelproblem hat ja alles ein wenig verzögert. So konnten wir uns aber erst einmal ein bisschen akklimatisieren und umschauen. Und siehe da, das Fremdeln wurde weniger. Der nächste Schockmoment für mich kam dann bei der Vorstellung: Wehe mehr als fünf Worte! (Danke, Nils 😉) Ich glaube, so gestottert habe ich selten in den letzten Jahren…
Als die Leute anfingen, die einzelnen Sessions vorzustellen, kam die Aufregung und Begeisterung: was für tolle Themen und interessante Menschen. Besonders beeindruckt hat mich dabei die Vielfalt der Teilnehmer, quer durch alle Altersgruppen, Hintergründe und Interessensgebiete. Nicht nur junge, internetaffine Leute (wie von mir befürchtet), sondern auch meine Altersklasse und älter (soll man ja nicht glauben). Die nette und freundliche Atmosphäre ist übergeschwappt! Und ich habe festgestellt, dass wir durchaus nicht die Einzigen waren, die niemanden kannten, auch wenn viele aus dem Vorfeld heraus bereits gut vernetzt waren.
Ach, und noch eine Sache fand ich persönlich besonders toll. Ich bin Vegetarierin und recht schmerzfrei. Das heißt, im Notfall puhle ich mir auch das Gemüse aus einer Fleischsoße heraus. Aber dass ich das ganze Wochenende einfach alles essen konnte, was da war, fand ich mega! Und super lecker war es auch noch, was will ich mehr! Danke an die leckerschmecker Küchenfee @Kuechenfee_V!
Erwartungen und Realität
Meine Erwartungen an das Literaturcamp wurden dabei auf der einen Seite nicht erfüllt, aber auf der anderen auch gigantisch übertroffen.
So hatte ich eigentlich gedacht, mehr und tiefer gehende Infos rund ums Autorendasein zu bekommen. Für mich gab es in dieser Richtung wenig Neues. Diesmal habe ich mich noch nicht getraut, aber vielleicht würde ich deshalb nächstes Mal tatsächlich eine eigene Session anbieten wollen.
Dafür habe ich mich auf Themen eingelassen, die ich eigentlich für mich sonst ausgeschlossen hätte. Bestes Beispiel in dieser Richtung ist dabei Twitter. Obwohl ich extra vor dem Camp einen Account (Corinna @gerngeschrieben – ihr dürft natürlich gerne folgen 😉) angelegt hatte, habe ich diesen kaum genutzt und auch den Sinn nicht so recht gesehen. Dank Erik @derExperte und Benjamin @Doppelmond bin aber eines Besseren belehrt worden und werde nun Twitter zumindest die „30-Tage-Chance“ geben. Dabei hoffe ich sehr auf eine bessere Vernetzung für mich persönlich, so dass Kontakte auch über das Camp hinaus bestehen bleiben können. Vielleicht sieht man sich ja auch 2018 wieder!
Mein persönliches Fazit
Wer sich auf dem Literaturcamp Infos wie bei einer Tagung oder einem Kongress erhofft, wird vielleicht etwas enttäuscht werden. Dafür finden sich hier wohl zu viele unterschiedliche Menschen zusammen, die natürlich auch über verschiedenen Grundlagen verfügen. Mir ist aufgefallen, dass gerade Sessions, die sehr spezialisiert waren, leider auf weniger Resonanz gestoßen sind. Klar, wenn da nicht die „passenden“ Leute unter den Teilnehmern befinden. Andererseits blieben dadurch auch viele Vorträge nur an der Oberfläche. Das hat vielleicht mit der Tatsache zu tun, dass jede Session nur 45 Minuten dauern soll. Zum Vertiefen bleibt da nicht viel Zeit. Rein inhaltlich muss also jeder den Aufwand eines Besuches für sich selber einschätzen. Zudem weiß man ja ebenfalls nicht vorher, welche Themen angeboten werden – hat also ein bisschen was von Wundertüte.
Der eigentliche Wert des Literaturcamps besteht für mich in der Begegnung mit Gleichgesinnten, denn irgendwie hatte ja jeder „was mit Büchern“ zu tun. Dabei waren 220 Teilnehmer auf der einen Seite genug, um immer wieder auf neue Menschen zu treffen, andererseits wurde man aber natürlich auch nicht so überfahren wie beispielsweise auf der Frankfurter Buchmesse. Für mich somit genau die richtige Größe, um aus meinem stillen Kämmerlein herauszutreten.
Auf jeden Fall will ich versuchen, nächstes Jahr wieder teilzunehmen – und habe mich auch bereits anderweitig umgeschaut. So hat es zum Beispiel im April diesen Jahres eine kleine Schwester des Literaturcamps in Bonn gegeben. Das wäre vielleicht auch etwas für mich, (fast) ohne Aufwand zu erreichen.
2 Gedanken zu „#litcamp17 – eine Wundertüte“
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