In letzter Zeit ist mir immer mal wieder aufgefallen, dass unsere Rezensionen – im Gegensatz zu anderen Buchblogs – oft sehr kritisch ausfallen. Eine Bewertung von 4 oder 5 Gerngelesen-Büchern findet man zugegebenermaßen recht selten auf unserem Blog, was mich zu der Frage gebracht hat: Sind wir zu anspruchsvoll? Ist es vielleicht nicht angemessen, zum Beispiel von einem Liebesroman Spannung und überraschende Wendungen zu erwarten, weil es das Genre oft einfach nicht hergibt? Ich glaube eigentlich nicht. Kritische Rezensionen wird es bei uns auch weiterhin geben und manchmal ist es auch gut, sich in der Meckerecke ein bisschen abzureagieren. Aber einmal im Monat möchten wir euch ab jetzt ein Buch vorstellen, dass uns besonders gut gefallen hat und das auch zeigt, wie man das besser macht, das wir vielleicht woanders kritisieren.
Titel: Die Insel der blauen Gletscher
Autor: Christine Kabus
Genre: Historischer Roman
Verlag: Bastei Lübbe/Ebook
Seiten: 622
Erscheinungsjahr: 2015
Ab ins ewige Eis
Den Anfang macht in dieser Rubrik der historische Roman „Die Insel der blauen Gletscher“, der in Norwegen spielt. Nicht gerade das typische Buch für den August, das gebe ich zu, aber vielleicht auch gerade dann mal eine nette Abkühlung. Erzählt wird die Geschichte von zwei Frauen: In der heutigen Zeit wird die ehemalige Journalistin Hanna von ihrem Mann verlassen, kurz nach dem ihre beiden Kinder das Haus verlassen haben. Verzweifelt versucht sie, in ihren alten Job zurückzukehren und fliegt für ihren ersten Reisebericht nach Spitzbergen. Etwa hundert Jahre zuvor versucht sich Emilie aus den Fängen ihrer konservativen Eltern zu befreien und tritt an die Stelle ihres Bruders, um als Mann verkleidet an einer biologischen Expedition in die Arktis teilzunehmen.
Eine ungewöhnliche Mischung
Besonders gut hat mir an dem Titel gefallen, dass die Geschichte – obwohl die romantischen Verwicklungen der beiden Protagonistinnen im Vordergrund stehen – sehr spannend und mich immer wieder an das Buch gefesselt hat. Ich habe richtig mitgefiebert, ob Emilie nun als Frau enttarnt wird und auch Hannas Wiedereinstieg als Reisejournalistin ist sehr interessant geschrieben. Es gibt ja inzwischen einige Romane, bei denen eine historische und eine moderne Geschichte parallel erzählt werden. Häufig sind die beiden Frauen durch eine rührselige Familiengeschichte verbunden, hier jedoch fällt eine solche Verbindung praktisch komplett weg. Stattdessen stößt Hanna im Laufe der Geschichte auf eine Leiche, von der schnell klar ist, dass es sich um jemanden aus der Expedition handeln muss, die genaue Identität bleibt aber länger unklar.
Abwechslungsreich & atmosphärisch beschrieben
Beide Geschichten wechseln sich in recht kurzen Kapiteln ab, die streckenweise bei mir immer wieder den Wunsch erzeugten, jetzt gerade bei der anderen der beiden Frauen weiterlesen zu wollen. Dieses Gefühl, dass man in diesem Moment unbedingt einem der anderen Protagonisten folgen möchte und deswegen auf jeden Fall weiterlesen will, habe ich sonst nur bei richtig großen Autoren, z.B. bei den Büchern von Ken Follett.
Für mich persönlich war es außerdem ein Pluspunkt, dass der historische Teil des Romans in Wuppertal beginnt, wo Emilies Familie lebt. Da ich selbst aus dem Bergischen Land komme und auch viele der alten Orte und Bräuche kenne, die hier erwähnt werden, gab es hier einige Momente, die mir beim Lesen viel Spaß gemacht haben. Aber auch die anderen Orte sind schön beschrieben und vermitteln immer eine gewisse Atmosphäre, wie zum Beispiel das Berlin Anfang des 20. Jahrhunderts und natürlich auch die verschiedenen Stationen der Reise in Norwegen und Spitzbergen.
Historisch, romantisch und spannend? Klar geht das!
Wenn es euch also so ähnlich geht wie mir und ihr eigentlich gerne (sagen wir es doch einfach, wie es ist) schnulzige historische Romane lest, aber dann irgendwie doch ein bisschen die gewisse Spannung vermisst, dann lege ich euch „Die Insel der blauen Gletscher“ ans Herz. Trotz der über 600 Seiten habe ich das Buch sehr schnell gelesen, weil ich es wegen der abwechslungsreichen Geschichte nicht weglegen konnte.
Gibt es trotzdem was zu meckern? Na ja, die Geschichte von Hanna wird meiner Meinung nach gegen Ende ein bisschen überzogen. Aber das hat mich eigentlich nur wenig gestört und auf jeden Fall würde ich gerne mehr Bücher dieser Art lesen. Deswegen hat es dieser Norwegen-Roman im August für mich zum „Tipp des Monats“ geschafft!
Dieses Buch habe ich im Rahmen der Edelstein-Challenge gelesen zum August-Thema „Saphir – ein Buch, in dem es auf Reisen geht“.