Meckerecke #1 – Hobbylose Hauptfiguren

Willkommen in der Meckerecke! Auch wenn es viele schöne Bücher gibt, die wir gerne weiterempfehlen, stoßen wir doch immer wieder auf Sachen, die uns richtig aufregen. Und manchmal macht es dann Spaß, einfach mal zu meckern. Nicht alles ganz ernst gemeint, aber ein bisschen Wahrheit steckt doch dahinter.

Heute eröffne ich die Meckerecke mit einem Thema, auf dass ich immer wieder in diversen Liebesromanen stoße. Vorab will ich dazu sagen, dass ich gerne mal etwas Leichtes zwischendurch lese und mir schon klar ist, dass dieses Genre nur selten für seinen besonderen Tiefgang bekannt ist. Aber bei manchen Romanen kann ich trotzdem nur den Kopf schütteln – wenn ich beim Lesen nicht schon eingeschlafen bin.

„Und, was machst du so? – Ach, ich jammer einfach gerne“

Der Grund dafür ist meistens die Protagonistin selbst. Vom Schicksal gebeutelt, vom Exfreund betrogen oder schmählich aus ihrem Job geflogen trifft sie meist direkt zu Beginn des Buches auf den Mann, der sie von all dem erlösen wird. Wenn auf den ersten Seiten der Name einer männlichen Person fällt, der mit der Protagonistin nicht verwandt und meistens – nicht immer – auch nicht der besagte Exfreund ist, haben wir unseren Kandidaten schon gefunden (ich frage mich, ob es dazu eine Statistik gibt). Das ist ja alles schön und gut, aber es entsteht häufig aus der Tatsache heraus, dass die Protagonistin nichts anderes tut, nachdem (und eigentlich schon bevor) sie diesen Auserwählten trifft. Stimmt gar nicht, meinst du? Schauen wir uns das doch mal genauer an, was eine junge Frau im Liebesroman so tut:

Das langweilige Leben einer Protagonistin

Möglichkeit 1: Sie trifft sich mit Freundinnen oder ihrer Schwester. Auch Mütter, Omas und eventuell einen schwulen besten Freund lassen wir noch durchgehen. (Er darf wirklich kein Interesse an ihr haben, denn wenn die beiden doch am Ende zusammenfinden, zählt es nicht). Aber was macht unsere Protagonistin dann genau? Getarnt unter einer fadenscheinigen Aktivität geht es eigentlich nur um irgendeine Form des Ausheulens: Weil sie Single ist, wegen des bösen Exfreundes, eventuell auch wegen des bösen Noch-Freundes oder auch weil das Leben im Allgemeinen ganz gemein ist (was sich natürlich mit der entsprechenden männlichen Begleitung schlagartig ändern würde). Wird der potentielle Traummann erwähnt, ist der natürlich unerreichbar oder so gar nicht ihr Typ, das kennt man ja.

Möglichkeit 2: Sie denkt nach. Alleine oder während einer beliebigen Hintergrundbeschäftigung, gerne so etwas wie ein Spaziergang in der Natur, auch eine Flasche Wein darf dabei sein. Und worüber denkt sie nach? Natürlich über das oben bereits ausreichend beschriebene Unglück, oder darüber, dass sie den aufgetauchten Traumtypen ja ganz grässlich findet oder alternativ, dass er sie eh nicht will. Über andere Dinge wird erstaunlich selten nachgedacht in diesen Romanen, achte mal darauf.

Möglichkeit 3: Sie geht ganz spontan, völlig nichtsahnend, irgendwohin, wo der besagte Herr niemals auftauchen würde. Wobei, theoretisch wohnt er ja schon in der gleichen Stadt, oder zumindest auf dem gleichen Planeten. Und ach, welche Überraschung, da ist er ja schon – völlig unerwartet. Die Welt ist doch ein Dorf!

Töpfern, Tennis oder Tigerenten basteln – mir egal, mach irgendwas!

Alle diese Szenen sind völlig normal in einem Liebesroman und gehören dort auch hin. Aber es regt mich richtig auf, wenn sie das einzige sind, das wir von der Protagonistin erfahren. Eine richtige Beziehung zu ihr kann ich als Leser doch nur aufbauen, wenn ich auch ein bisschen was über sie erfahre, dass sich nicht um Männer oder ihr unglückliches Single-Dasein dreht. Ein Hobby wäre schön, vielleicht Reiten (aber bitte, ohne ihn dabei zufällig zu treffen) oder von mir aus auch Malerei (wehe, sie nimmt ihn als Modell!). Okay, ich sehe schon, das wird schwierig. Schachspielen wäre vielleicht okay, solange er kein russischer Großmeister ist, den sie zufällig im Park trifft. Sie kann ja zuhause spielen. Alleine, am besten.

Aber eigentlich bin ich auch gar nicht so anspruchsvoll: Ich sehe ein, nicht jeder hat ein aufwendiges Hobby, aber mir würde auch etwas anderes reichen, wie zum Beispiel eine etwas detailliertere Beschreibung ihrer Arbeit (Geht sie darin auf? Warum hat sie sich für diesen Beruf entschieden?) oder etwas ausgeprägtere Beziehungen zu anderen Mitmenschen (Hey, vielleicht haben die ja auch Probleme? Also so richtige, die sich nicht mit einer Plattitüde aus zwei Sätzen lösen lassen.) Manchmal warte ich schon sehnsüchtig auf einen Schuhtick (natürlich nur Designer, aber Secondhand, Schnäppchen und so, wir wollen ja sympathisch arm bleiben), weil das wenigstens ein bisschen Farbe in die ganze Sache bringen. Aber es gibt Romane, da warte ich selbst hierauf vergeblich.

Na klar, nicht jeder Liebesroman ist so. Aber das eine oder andere Exemplar ist mir schon untergekommen, dass mich fast zur Verzweiflung brachte. Trotzdem gebe ich nicht auf: Beim Lesen stelle ich mir gerne vor, dass nur, weil es nicht im Buch steht, das Leben der armen Protagonistin ja gar nicht so dröge sein muss. Bestimmt fährt sie gern Wildwasser-Kanu, geht Fallschirmspringen und ist Weltmeisterin im Sudoku – es hat einfach nur noch niemand aufgeschrieben.

3 Gedanken zu „Meckerecke #1 – Hobbylose Hauptfiguren

  1. Jetzt, wo Du es sagst …. wenn ich die Bücher der letzten Zeit so Revue passieren lasse, muss ich schon sagen, dass die Protagonisten alle ziemlich hobbylos sind. Man ist ja schon froh, wenn ein regelmäßiges Fitnesstudio oder die übliche Joggingrunde erwähnt wird. Den Hundedressurverein, dass man sich um den großen Garten der Oma / alten Nachbarin kümmert, eine Band oder einen Chor, das sonntägliche Fußballturnier der Hobbyliga, oder auch nur das regelmäßige Lesen des neusten Thrillers (soll’s ja geben) sucht man echt meistens vergebens. Zumindest, wenn es mit dem Verbrechen oder der Lovestory nicht direkt was zu tun hat.
    Und wenn solche Szenen auftauchen, dann ist man als Vielleser schon gewarnt, weil man weiß, dass sie wichtig sind, sonst gäbe es sie nicht.
    Schade eigentlicht …

    Liebe Grüße
    Gabi

    1. Hallo Gabi,
      den Hundedressurverein finde ich gut, das wäre mal ein interessantes Hobby. 😉 Und eine Hauptfigur, die selber gerne liest, ist ja eigentlich jedem gleich sympathischer. Aber ich gebe nicht auf, vielleicht gibt es in Zukunft ja doch mal ein paar interessantere Beschäftigungen für unsere Protagonistinnen.

      Liebe Grüße,
      Krissi

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